Sommereggers Klassikwelt 24: Jonas Kaufmann – Kunst versus Kommerz

Foto: © Gregor Hohenberg / Sony Classical

Sicher, es ist Kaufmanns Entscheidung, das alles mitzumachen, aber man wird den Eindruck nicht los, dass da auch deutlicher Druck von seiner Agentur und seiner Plattenfirma gemacht wird. Die wollen die Kuh melken, solange sie Milch gibt.

von Peter Sommeregger

Der Sänger Jonas Kaufmann gehört heute zweifellos zu den populärsten und – mit Vorbehalt – besten Tenören der Welt. Diesen Status hat er sich hart erarbeitet, in den Schoß fällt einem eine solche Karriere nicht. Über die Jahre konnte man mit Bewunderung beobachten, wie sich der Sänger vom lyrischen Repertoire allmählich zum schwereren Fach, auch zu Wagner-Partien hin behutsam entwickelte. Mit seinem Lehrer und Mentor Helmut Deutsch gab er bemerkenswerte Liederabende, speziell seine Schubert-Interpretationen genügten höchsten Ansprüchen. Dass in seiner Stimme stets ein baritonaler Kern mitschwingt, gibt seinem Gesang sogar einen besonderen Reiz. „Sommereggers Klassikwelt 24: Jonas Kaufmann – Kunst versus Kommerz
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Ladas Klassikwelt 20: Wie kann ein Dirigent Sänger ermutigen?

Als wir alle hochkonzentriert und mit ernsten Mienen auf der Bühne der Philharmonie in Katowice standen, trat Peter Shannon ein. Er sah uns an und bemerkte natürlich, dass wir sehr angespannt waren, und plötzlich … streckte er einfach die Zunge raus. Natürlich bemerkte das Publikum das nicht, weil er mit dem Rücken zu ihm stand, aber sicherlich überraschte die Zuschauer der Ausdruck unserer Gesichter. Die meisten von uns machten zuerst fassungslos große Augen, und dann lächelten fast alle.

von Jolanta Lada-Zielke
Foto: Peter Shannon (c)

In meinem bisherigen Leben habe ich in acht verschiedenen Chören gesungen, die von verschiedenen Dirigenten geleitet wurden. Oft luden Chorleiter irgendwelche externe Dirigenten ein, um eines der Konzerte zu leiten, die zu besonderen Anlässen stattfanden. Einer von ihnen war Peter Shannon, der 2006 in Krakau und Katowice die Aufführung von Mozarts „Krönungsmesse“ dirigierte. Ich werde sein Charisma, seine Herzlichkeit, Fröhlichkeit und Freiheit bei der Arbeit an dem Stück nie vergessen, aber vor allem werde ich mich immer daran erinnern, was er getan hat, um uns Mut zu machen. „Ladas Klassikwelt 20, Wie kann ein Dirigent Sänger ermutigen?
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Lieses Klassikwelt 22: Vergessene Archivschätze

Worin liegt der Sinn, Tonzeugnisse aufzubewahren, wenn sie niemand hören kann? Dafür wurden sie wohl kaum produziert.

von Kirsten Liese

Während der Arbeit an meinen Sendungen stöbere ich oft in Rundfunk-Archiven. Und staune hin- und wieder über  kostbare, unveröffentlichte Schätze, die sich da finden.

Umso trauriger macht mich der Umstand, dass viele dieser Aufnahmen aus lizenzrechtlichen Gründen vor sich hin stauben und niemandem zu Gehör gebracht werden können. Oftmals muss ich jedenfalls auf  Aufnahmen verzichten, weil meine Redaktionen hohe Gebühren zahlen müssten, für die ihnen kein Budget zur Verfügung steht, oder, noch schlimmer, weil aus vertragsrechtlichen Gründen die Aufnahmen grundsätzlich nach der Erstausstrahlung nicht mehr gesendet werden dürfen.  Das betrifft zum Beispiel und ganz besonders Mitschnitte des Bayerischen Rundfunks von den Bayreuther Festspielen. Die existieren nach der Erstausstrahlung nur auf Karteikarten und schlafen wohl für alle Zeiten einen Dornröschenschlaf. „Lieses Klassikwelt 22: Vergessene Archivschätze,
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Sommereggers Klassikwelt 23: Opera on Tap – Belcanto und Spaß in Neukölln

Anne Byrne weist nicht ohne Stolz darauf hin, dass in fünf Jahren, noch nie ein Termin ausgelassen wurde. Aber Vorsicht: diese Veranstaltung hat hohes Sucht-Potential!

von Peter Sommeregger

Neukölln, Berlins Hochburg türkischer Migranten und die Oper: Das ist schon seit der Gründung der „Neuköllner Oper“ 1972 eine geglückte Paarung.

Seit inzwischen fünf Jahren findet aber nur wenige Schritte entfernt, im Konzertcafe Prachtwerk, jeden Monat ein Veranstaltung von Opera on Tap statt. Dieses Ensemble von OpernsängerInnen und wechselnden Gästen hatte seinen Ursprung in New York, wo in Freddy’s Bar 2005 das erste Konzert stattfand. Gegründet von der Sängerin Anne Hiatt, die wie viele ihrer KollegInnen frustriert von den kaum vorhandenen Auftrittsmöglichkeiten für junge Künstler war. Inzwischen hat dieses Projekt schon mehrere „Ableger“, hauptsächlich in Großstädten der USA, aber auch in Deutschland gibt es mit Berlin, Hamburg und Dresden schon drei Veranstaltungsorte. „Sommereggers Klassikwelt 23
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Ladas Klassikwelt 19: Ein französisches Reisetagebuch – auf den Spuren des „Rheingolds“

Nachdem ich „Les Voyageurs de l’Or du Rhin“ gelesen habe, ist mein Bild von Richard Wagner noch voller Widersprüche und seine Welt noch faszinierender. Ich empfehle dieses Buch jedem, der sich für Wagners Werke interessiert und relativ gut die französische Sprache beherrscht.

von Jolanta Lada-Zielke

In den letzten anderthalb Monaten las ich das Buch „Les Voyageurs de l’Or du Rhin“ von Luc-Henri Roger (BoD-Verlag), das während der Bayreuther Festspiele 2019 vorgestellt wurde. Dadurch erfuhr ich, wie Wagners Werke von französischsprachigen Journalisten und Kritikern zu seiner Zeit aufgenommen wurden, aber auch wie ihn seine französischen Freunde rezipierten.

Meine Vorkenntnisse zum Thema „Wagner und die Franzosen“ beschränkten sich bisher auf die Geschichte mit der „Tannhäuser“-Aufführung in Paris. Es stellte sich heraus, dass der Komponist einige Bewunderer in der damaligen Pariser intellektuellen Elite hatte und das waren: die Tochter von Théophile Gautier Judith Mendès und ihr Ehemann Catulle sowie der Schriftsteller Villiers d’Isle Adam. Die drei nannten Wagner scherzhaft „ma chère Trinité“ (meine liebe Dreifaltigkeit). Zu der Gesellschaft gehörten auch der Schriftsteller Edouard Schuré, die Komponistin Auguste Holmes und die Sängerin Pauline Viardot. Alle schilderten mit der Feder ihre Eindrücke von dem Treffen mit dem Komponisten in Luzern, von Besuchen in seinem Haus in Tribschen und von der „Rheingold“-Generalprobe in München. „Ladas Klassikwelt 19: Ein französisches Reisetagebuch – auf den Spuren des „Rheingolds“,
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Lieses Klassikwelt 21: Otello ist das Opfer einer rassistischen Gesellschaft, in der das Wort Rassismus noch nicht existierte

Foto: Mario del Monaco und Leonie Rysanek, (c) Lillian Fayer

Die Behauptung, Otello sei eine rassistische Oper, ist natürlich völlig absurd. Die Herrschaften, die sich zu solchem Unsinn versteigen, kennen oder verstehen das Stück offenbar nicht, verwechseln zumindest Entscheidendes. Um es mal ganz platt zu sagen: Otello ist keine böse, sondern eine tragische Figur, dessen grenzenlose Eifersucht unmittelbar mit seinem Anderssein und seiner Außenseiterrolle zu tun hat. Der Böse ist Jago, der ihn mittels heimtückischer Intrige ins Verderben stürzt.

von Kirsten Liese

Ich hätte nie gedacht, dass zwei so geniale Künstler wie William Shakespeare und Giuseppe Verdi einmal eines Anwalts bedürfen könnten.

Aber tatsächlich hat vor einiger Zeit die Deutsche Oper Berlin in ihrer Hauspublikation die Frage aufgeworfen, ob man den Otello– aus meiner Sicht eines der großartigsten Stücke Verdis neben dem Don Carlos  – noch spielen dürfe. Wenn man dann weiterliest, mit welchen Argumenten ein Rassismusforscher diese Frage verneint, könnte man meinen, man habe es mit einer Satire auf das verpönte „Blackfacing“ zu tun. Ginge es nach ihm, dürfte das Werk allenfalls noch mit einem „verpflichtenden Warnhinweis wie bei Drogen oder schädlichen Medikamenten“ aufgeführt werden, da es in ihm eine „tiefe Verbindung zwischen Schwarz und Böse“ gebe. „Lieses Klassikwelt 21
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Sommereggers Klassikwelt 22 : Verachtet mir die "Mohren" nicht! Sony zeigt den Weltstar Jonas Kaufmann mit nachgedunkeltem Teint auf einer CD

Sony sollte Jonas Kaufmann ruhig tief schwarz geschminkt abbilden, wie es bis vor nicht allzu langer Zeit der Fall war. Aufnahmen mit del Monaco, später mit Domingo zeigten die Sänger alle als Dunkelhäutige.

William Shakespeare, auf dessen Theaterstück Giuseppe Verdis Oper „Otello“ basiert, nannte es im Untertitel „Der Mohr von Venedig“ – das Grundthema ist das Zerbrechen des schwarzen Feldherren Otello an seinen ethnisch bedingten Minderwertigkeitskomplexen und der Diskriminierung, die er deswegen erfährt. Welchen Sinn soll es machen, Otello mit weißer Hautfarbe auf die Bühne zu stellen ? Das Stück verliert seinen Sinn, und die schwarze Schminke, die man dem Schauspieler oder Sänger verpasst, will dies nur deutlich machen.

von Peter Sommeregger

Die Plattenfirma Sony hat für März 2020 die Veröffentlichung einer neuen „Otello“-Gesamtaufnahme mit Jonas Kaufmann in der Titelrolle angekündigt. Das wäre kein Grund, darüber schon vorab einen Artikel zu schreiben.

Was mich dazu veranlasst, ist das bereits veröffentlichte Cover dieser Aufnahme. Es zeigt Jonas Kaufmann in seltsam verfremdeter Optik, mit einem nachgedunkelten Teint, der aber immer noch hell genug ist, um nicht als „Mohr von Venedig“ zu erscheinen. „Sommereggers Klassikwelt 22: Verachtet mir die „Mohren“ nicht! Sony zeigt den Weltstar Jonas Kaufmann mit nachgedunkeltem Teint auf einer CD
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Ladas Klassikwelt 18: Meine Uhr – zum 137. Todestag von Richard Wagner

Am 13. Februar 1883 starb Richard Wagner im Alter von 69 Jahren in Venedig. Er wohnte dort im Palazzo Vendramin am Ufer des Canal Grande. An diesem Tag fühlte er sich irgendwann schlecht und rief nach Cosima. Als er auf das Sofa gelegt wurde, fiel seine Uhr aus der Westentasche.

Er sagte „Meine Uhr!“, und das waren seine letzten Worte. 

von Jolanta Lada-Zielke 

„Die Uhr hatte keinen Schaden erlitten, sie tickte fröhlich weiter, während das kranke Herz ihres Besitzers für immer aufgehört hatte zu schlagen“,so schrieb Imre Keszi im Lebensroman Richard Wagners, „Unendliche Melodie“.

Einige sehen einen symbolischen Inhalt der letzten Aussage des Komponisten. Sie hat mich dazu inspiriert, ein Gedicht zu schreiben, zunächst auf Polnisch, dann habe ich es dem Dichter und Musiker Joachim Neander, der in Krakau lebt, ins Deutsche übersetzen lassen. Ich habe versucht mir vorzustellen, was der Mensch Richard Wagner im letzten Augenblick seines Lebens gedacht hat –  ein Mensch, der genauso viel Liebe wie Hass verursachte, aber dessen Musik so faszinierend ist.

In dieser Woche jährt sich der 137. Todestag Richard Wagners, an den ich mit diesem Gedicht erinnern möchte. „Ladas Klassikwelt 18, 137. Todestag Richard Wagners
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Lieses Klassikwelt 20: Allgemeinbildung

Die Unbildung betrifft keineswegs nur die Musik. Unlängst kam mir zu Ohren, dass es ZDF-Redakteurinnen und -Redakteure geben soll, die nicht wissen, wer Ingrid Bergman ist, also die Oscarpreisträgerin, die in einem so berühmten Film wie  Casablanca an der Seite von Humphrey Bogart brillierte. Ein Film, der mehrfach im Fernsehen ausgestrahlt wurde und sich nicht zuletzt auch mit seinem Evergreen  As Time Goes By großer Popularität erfreute.

von Kirsten Liese

Im Herbst vergangenen Jahres entnahm ich einer Publikation die Notiz, dass 95 Prozent aller in Deutschland lebenden Erwachsenen keine Veranstaltungen der Hochkultur besuchen. Sie berief sich auf eine Statistik der Bundeszentrale für politische Bildung

Sicherlich mögen finanzielle Gründe eine Rolle spielen, kann sich doch hohe Eintritte für insbesondere starbesetzte Opernbesuche und Konzerte nicht jeder leisten, und auch fragwürdige Regie-Stile und  Inszenierungen, die sich himmelweit von den großen klassischen und romantischen Stücken entfernen, sei es nun im Schauspiel oder in der Oper, erhöhen sicherlich nicht die Aufmerksamkeit für das Theater. Viele bleiben lieber zu Hause und legen sich alte Platten auf, kann ich verstehen. Blieben allerdings noch die Museen und die Filmkunst. „Lieses Klassikwelt 20
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Sommereggers Klassikwelt 21: SALOME – Wildes Werk und Lachmanns Anteil

von Peter Sommeregger

Richard Strauss‘ Oper Salome erfreut sich seit mittlerweile über hundert Jahren der Gunst des Opernpublikums in aller Welt. Erst kürzlich schrieb Kollege Charles Ritterband an dieser Stelle über das Werk, das zur Zeit seiner Entstehung noch für nicht wenige Skandale gut war. Das Sujet und die Freizügigkeit der Sprache, die sexuelles Begehren in blumige Metaphern umsetzt, eilten ihrer Zeit ebenso wie die erotisch aufgeladene Musik von Strauss voraus. Offenbar war der Komponist vom Text besonders inspiriert und erreichte eine Dichte der Atmosphäre, die zu einer optimalen Symbiose von Text und Musik führten. „Sommereggers Klassikwelt 21,
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