Posers Klassikwelt 7: Wagner? Fürchterlich!

Mein Gott, was für eine fantastische Musik!
Mein Gott, was für originelle Texte!
Mein Gott, was für großartige Sänger!

von Ulrich Poser

Mitte der 1980er Jahre weilte der Autor als Jurastudent in West-Berlin. Die erste Studentenbude fand er in einer zotteligen Wohngemeinschaft in der Kaiser-Friedrich-Straße in Berlin-Charlottenburg, unweit der Deutschen Oper Berlin (DOB). Dort lernte er in der reichlich vorhandenen Freizeit die italienische Oper, vorzugsweise Werke von Puccini und Verdi, kennen und lieben. Sein unangefochtener Star war damals Luciano Pavarotti. Die DOB besuchte er meistens mit einem Freund, der immer wieder davon anfing, wie “genial” die Musik von Wagner doch sei. Der Autor lehnte kategorisch mit den Worten “Wagner? Fürchterlich!” ab: Wagners Musik sei zu schwer, die Sänger bläkten zu laut; außerdem war Wagner zu antisemitisch eingestellt, so dass man ihn schon deshalb nicht hören sollte. „Posers Klassikwelt 7 klassik-begeistert.de“ weiterlesen

Langes Klassikwelt 6: Streaming ist Tinder für Musik

Wir sind so wunderbar flexibel geworden. Wir polieren nicht mehr samstags die Familienkutsche, sondern nutzen Carsharer. Hat sich der Partner verabschiedet, findet sich online bestimmt rasch ein neuer. Und die Regale biegen sich nicht mehr unter Unmengen CDs, denn jede Art von Musik ist per Handy verfügbar. Stressfrei, unverbindlich – und irgendwas fehlt.

von Gabriele Lange

Bei jedem Umzug trennt man sich sinnvollerweise von Dingen, die man nicht mehr braucht. Ich bin in den letzten zwei Jahrzehnten ein paarmal umgezogen. Dennoch: Im Keller lagern immer noch etliche meiner Platten. Und mein Dual-Plattenspieler, den ich schon längst nicht mehr benutze. Ich kann mich nicht davon trennen, obwohl ich nahezu jedes Stück auch über einen Streamingdienst abrufen kann. Ein paar Kartons voll CDs habe ich ebenfalls nicht hergegeben, auch wenn ich beim letzten Wohnungswechsel viele Kisten in den Second-Hand-Shop ums Eck geschleppt habe. Viel haben die dafür nicht mehr bezahlt – im Zeitalter von Spotify, Tidal etc. leeren sich überall die Regale, die früher so viel über die Menschen verrieten. „Langes Klassikwelt 6
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Ladas Klassikwelt 17: Eine Erinnerung an "CATcerto"

Foto: Youtube, Mindaugas Piecaitis

Heute gibt es im Internet viele Videos, die Katzen in Kombination mit dem Klavier zeigen, die entweder der Musik zuhören oder im Gegenteil: den Pianisten stören. Aber Nora und das CATcerto-Projekt mit ihrer Teilnahme waren einzigartig.

von Jolanta Lada-Zielke

Viele von uns erinnern sich daran, wie vor etwa zwölf Jahren die Aufnahme der schönen, graugetigerten Katze, die Klavier spielte, im Internet erschien: Nora the Piano Cat. Ihre Besitzer waren die Musiklehrerin Betsy Alexander und der Fotograf Burnell Yow aus Pennsylvania. Betsy studierte Komposition und schuf die zwei Musicals „Stakin My Claim“, „Another Kind of Hero“ und ein drittes, das Anne Frank gewidmet ist. Das Tier hatte Gelegenheit, Betsys Schüler während des privaten Klavierunterrichts zu beobachten. Hauskatzen sind in der Regel große Nachahmer des menschlichen Verhaltens, weshalb sich die einjährige Nora als „Pianistin“ versuchte. Sie drückte mit der Pfote auf dieselbe Taste, versuchte auch mit beiden Pfoten, oder sogar im Duett mit einem Schüler ihres Frauchens Klavier zu spielen. „Ladas Klassikwelt 17
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Lieses Klassikwelt 19: Verachtet mir die Meister nicht!

Als hinter der Schusterstube die mit allerhand bunten Bändern geschmückte Festbühne zum Vorschein kam, regte sich spontan ein begeisterter, dankbarer lang anhaltender Szenenbeifall. Das Publikum stellte klar: Danke, so wollen wir die Meistersinger wieder sehen!

von Kirsten Liese

Es kommt selten vor, dass Richard Wagners Meistersinger von Nürnberg eine so hervorragende Aufführung erleben wie jetzt gerade in Dresden. Seit der Premiere am vergangenen Sonntag gehen mir die Motive dieser herrlichen Musik immer noch durch den Kopf. Es ist die reinste Freude.

Am liebsten würde ich alle noch folgenden Vorstellungen besuchen. Das wird mir leider aus zeitlichen Gründen nicht möglich sein, aber eine Aufführung gönne ich mir noch. „Lieses Klassikwelt 19
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 20: Lois Marshall – Erinnerung an eine Jahrhundertstimme

„Es existiert ein tief berührendes Video von diesem Abschiedskonzert, bei dem sie am Ende Schuberts An die Musik vorträgt. Ihr „Du holde Kunst, ich danke Dir dafür“ erklingt mit einer solchen Inbrunst, die einen ahnen lässt, wie sehr die Musik sie für ihr körperliches Gebrechen entschädigt hat.“

von Peter Sommeregger

An diesem 29. Januar könnte man den 95. Geburtstag der kanadischen Sopranistin Lois Marshall begehen, die allerdings leider bereits 1997 gestorben ist. Ich will aber diesen Gedenktag zum Anlass nehmen, an sie zu erinnern. „Sommereggers Klassikwelt 20
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Ritterbands Klassikwelt 9: Salome

von Charles E. Ritterband

Meine Tochter heißt Salome. Alle drei Kinder tragen Namen aus der Welt der Oper: Salome, Orfeo, Ulisse. Doch die ganz besondere Ehre gebührt Salome, als der ersten.

Oft werde ich gefragt, welche denn meine Lieblingsoper sei – unter den vielen herrlichen Werken, in denen ich so oft schwelge, von deren Aufführung ich schwärme (oder, mitunter, entsetzt bin). Zugegeben – Salome ist vielleicht nicht gerade meine Lieblingsoper. Aber es ist ganz entschieden das Werk, das mich unter allen Opern am meisten fasziniert. Dies ist das kompakteste, expressivste Werk der gesamten Opernliteratur. Das Thema ist zeitlos (siehe #Me.Too): der in der Welt der griechischen Sagen immer wieder vorkommende Topos der unendlich schönen, begehrten, missbrauchten jungen Frau (die Oper geht vom ersten Satz an direkt zur Sache: Narraboth  –“Wie schön ist die Prinzessin Salome heute Nacht“ – eine vergleichbare Direktheit, die uns, sobald sich der Vorhang hebt unmittelbar in die Handlung hineinreißt gibt es sonst nur bei Verdis „Othello“). Die fein ausgearbeitete, des Humors nicht entbehrende psychologische Dimension (das Dreiecksverhältnis Salome-Herodias-Herodes, die verwöhnte Mädchen aus reichem, mächtigen Haus, das alles haben kann, aber nur das Eine will, das ihr verboten ist. Und die erwachende, noch ziellos herumirrende Sexualität der jungen Mädchen, die sich auf dieses völlig andere, faszinierende, verbotene fokussiert: Den Propheten im Kerker. „Ritterbands Klassikwelt 9
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Ladas Klassikwelt 16: Mendelssohns Engelsterzett als Leitmotiv in einer Krimigeschichte

Foto: © ARD/TMG/Chris Hirschhäuser

Das Engelsterzett erklingt in dieser Folge insgesamt sechs Mal. Ich frage mich, wem die Engel diesmal helfen sollten. Dem Pfarrer, der in einen Mord verwickelt ist? Dem lokalen Polizeichef, der sich so verhält, als ob er todkrank wäre? Dem Apotheker, der bei Euthanasie hilft? Oder vielleicht den beiden Titelhelden, die wie immer viel Verwirrung in der Ermittlungsführung stiften? Oder letztendlich dem Mörder, um ihn vor dem heiligen Zorn zu schützen?

von Jolanta Lada Zielke

Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy ist eines der am häufigsten aufgeführten Oratorienwerke. Einige seiner Sätze wie das Doppelquartett „Denn er hat seinen Engel befohlen über dir“ oder das Engelsterzett „Hebe deine Augen auf“ kennt man als einzelne Stücke. Ich selbst habe sie einmal bei einem Konzert in kleiner Besetzung und einige Male bei Hochzeiten und Taufen gesungen. Der Inhalt dieser Stücke passt zu beiden Gelegenheiten; die Engel bewachen sowohl die frisch verheirateten Ehepartner als auch neugeborene Kinder. Vor ungefähr zwei Jahren bin ich auf eine interessante Verwendung des Engelsterzetts gestoßen. „Ladas Klassikwelt 16
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Lieses Klassikwelt 18: Dieser offene Brief ist für Sie, lieber Daniel Barenboim!

Foto: © Warner Music Germany / Ricardo Davila

In Vorfreude auf die anstehende Meistersinger– Premiere an der Semperoper in Dresden unter Christian Thielemann wollte ich heute eigentlich über dieses geniale Werk schreiben. Aber der unfassbare Aufruhr anlässlich des jüngsten Auftritts von Plácido Domingo an der Berliner Staatsoper hat in mir das Bedürfnis geweckt, dazu Stellung zu beziehen – in Form eines Solidaritäts-Schreibens an Daniel Barenboim. Ich bin keineswegs der Meinung, dass berühmte Künstler alles dürfen. Aber das Ausmaß des Protests gegen den Sänger, halte ich für übertrieben, zumal die Anschuldigungen gegen ihn noch keineswegs erwiesen sind. Mein Essay über die Meistersinger folgt dann nächsten Freitag.

von Kirsten Liese

Lieber, sehr verehrter Herr Barenboim,

ich möchte Ihnen – und das ist längst überfällig – einmal aus ganzem Herzen für alles danken, was Sie für die Metropole Berlin getan haben und immer noch tun!

Anlass meines Briefs sind die jüngsten unfassbaren Tumulte um den Auftritt Plácido Domingos in Ihrem Haus.

Es beschämt mich, wie nach Ihrem langjährigen Künstler-Freund Domingo mit Dreck geworfen wird, nachdem im vergangenen Jahr schon gegen Sie im Zusammenhang mit Ihrer Vertragsverlängerung an der Berliner Staatsoper unangenehm Stimmung gemacht wurde. „Lieses Klassikwelt 18: ein offener Brief an Daniel Barenboim
Staatsoper Unter den Linden“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 19: Mein schönes, altes Trichtergrammophon

Photo by Sudhith Xavier on Unsplash

Vor einigen Jahren wurde ich auf einem Berliner Flohmarkt fündig und erstand ein Grammophon mit großem Metalltrichter. Die dazugehörigen Platten fanden dann wie von selbst zu mir, ich möchte sie nicht mehr missen, wenn sie natürlich auch einen erheblichen Platzbedarf einfordern. Jeder Musikfreund sollte sich zumindest einmal diesen besonderen Klang gönnen, gleichzeitig muss man davor warnen: es besteht hohes Suchtpotential!

von Peter Sommeregger

Die kommerzielle Tonaufzeichnung und deren Wiedergabe fand zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch ganz ohne Zuhilfenahme der Elektrizität statt. Bei Gesangsaufnahmen wurden die Sänger so nahe wie möglich vor einem Trichter postiert. Die nach einem komplizierten Verfahren hergestellte Schellack-Platte konnte man dann auf einem Gerät abspielen, bei dem der Klang aus einem ähnlichen Trichter strömte, wie er zuvor für die Aufnahme benutzt wurde. „Sommereggers Klassikwelt 19
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Langes Klassikwelt 5: Von Twitter zu Beethoven – der furchtlose Humanist Igor Levit ist auch ein moderner Musiklehrer

Foto: Igor Levit. © Felix Broede

Twitter hat ja bei manchen das Image einer Krawallbude. Doch wie bei jedem Werkzeug kommt es darauf an, wer es nutzt, wie – und wofür. Dann kann es zum Beispiel sein, dass sich plötzlich die Tür zu Beethovens Klavierwerken öffnet. Weil man sich dafür interessiert, was ein kluger Mensch zu sagen hat.

von Gabriele Lange

Liebe zur Musik – die ging bei mir praktisch immer über die menschliche Stimme. Berührte mich die irgendwie, dann beschäftigte ich mit dem ganzen Drumherum. So fand ich über Klaus Nomi zu den Kontratenören, über LeRoy Villanueva zu Monteverdi – und über Thom Yorke, Edith Piaf, Mike Patton, Billie Holiday, Missy Elliott, Louisiana Red oder Lisa Dalbello zu ganz unterschiedlichen Musikstilen. Bei Instrumentalmusik fällt mir der Zugang deutlich schwerer. Das heißt nicht, dass ich es nicht immer wieder ernsthaft versucht hätte. „Langes Klassikwelt 5
klassik-begeistert.de“
weiterlesen