„Weitergehende Antworten auf die Fragen nach den letzten Dingen sollen wir wohl nicht erhalten, es muss uns genügen, im harmonischen Ausklang des Adagios zur Ruhe zu kommen.“
von Lorenz Kerscher
Zum Hörer symphonischer Musik wurde ich im Alter von 13 Jahren, als mich meine Klavierlehrerin anhand vierhändiger Klavierauszüge im Blattspielen zu unterweisen versuchte. Um das Übungsbeispiel wenigstens aus dem Gehör einigermaßen hinzubekommen, kramte ich Mozarts Jupitersymphonie aus meines Vaters Plattenschrank und ließ sie in Endlosschleife laufen. Das nervte ihn wohl, denn er legte mir bald weitere Schallplatten auf den Tisch und gab den eindringlichen Rat, auch diese anzuhören. Mit einigen dieser Werke, wie Beethovens Pastorale und Schumanns Frühlingssymphonie, freundete ich mich recht leicht an. Auch die heitere D-Dur-Symphonie von Brahms schloss ich bald ins Herz, doch Bruckners Neunte war mir zunächst ein Buch mit sieben Siegeln. Mir war, als würden aus düsteren Urnebeln Lavafontänen hervorschießen, gigantische Klangeruptionen gingen unvermittelt in fast unhörbare Paukenwirbel über und mir bekannte Gesetze von Form und Harmonielehre schienen nicht mehr zu gelten. „Meine Lieblingssymphonie 50: Anton Bruckners Neunte“ weiterlesen